„Okay Wesley, war’s das oder gibt es noch etwas zu besprechen? Cordelia erwartet mich, sie will sich in einer Stunde mit mir im Caritas zum Essen treffen. Ich habe nicht die geringste Ahnung warum, aber ich hoffe sie will mich anschließend nicht wieder auf eine ihrer *ich treffe dort wichtige Leute, Angel, ich muss dort hin und du begleitest mich* Partys schleppen“, bemerkte der dunkelhaarige Mann und machte ein unglückliches Gesicht dabei.
Der andere Mann lachte leise, da er genau wusste, warum Cordy Angel treffen wollte und befürwortete es, weil es durchaus sein konnte, dass es mit ihren neuen Plänen zusammenpasste, sagte aber nur: „Dann würde ich mich beeilen, denn Cordelia zu verärgern ist nicht ratsam.“Â
Wesley war Angel Liams Prokurist, aber auch sein bester Freund und das schon seit der Studienzeit. Angel hatte vor einigen Jahren das Architekturbüro seines Vaters übernommen, als dieser sich zur Ruhe setzte, und da Wes ein ausgezeichneter Statiker war und auch etwas von Management verstand, bot Angel seinem Freund damals an, die Prokura der Firma zu übernehmen.
Obwohl sich die Beiden nicht immer einig waren, arbeiteten sie ausgezeichnet zusammen, denn Wesleys Genauigkeit und seine nüchterne Betrachtungsweise ergänzten sich wunderbar mit Angels künstlerischer Ader, die sich in seinen bemerkenswerten Bauten niederschlug, sodass sie in dieser Branche einen guten Namen hatten.
„Gut, übrigens die Baupläne für die Touristenanlage in Gath habe ich vor vier Tagen abgeschickt, und der Auftraggeber müsste sich demnächst melden. Sag ihm bitte, dass ich auch bereit bin vor Ort zu kommen, wenn er es wünscht, um die Einzelheiten zu besprechen. Wenn wir den Auftrag bekommen, haben wir international Fuß gefasst und das wäre ein großartiger Schritt für unsere Firma. Es ist mir zwar schleierhaft, warum jemand in dieser Gegend eine Anlage mit 12 Bungalows bauen will, aber uns kann es egal sein. Also ich gehe dann, wir sehen uns morgen.“ Mit einem Gruß verabschiedete Angel sich und eilte aus dem Büro.
Um diese Zeit ein Taxi zu bekommen war so gut wie unmöglich, denn zur Rushhour verwandelten sich die Straßen von Los Angeles in einen menschlichen Ameisenhaufen, da die Büros der Stadt nahezu zur selben Zeit geschlossen wurden, also beschloss Angel die zwei Blocks zum Restaurant zu Fuß zu gehen.
Zehn Minuten später betrat er das Caritas und wurde von Lorne, dem Besitzer, freudig begrüßt: „Angel mein Süßer, dein Sahnetortchen wartet schon, komm ich bringe dich zu ihr.“
Lorne hatte zwar eine eigenartige Sprechweise, doch Angel schätzte ihn als guten Freund, der ihm schon so manchen förderlichen Ratschlag in privaten Belangen gegeben hatte.
„Danke Lorne, was machen die Geschäfte?“ erwiderte Angel, um etwas Smalltalk zu betreiben und ließ sich von dem Freund zu dem Tisch führen, an dem Cordy schon wartete.
„Der Laden ist voll, ich bin zufrieden. Ich bringe euch gleich etwas zu trinken. Das Übliche?“
Auf Angels Nicken, verschwand Lorne und Angel wandte sich Cordy zu.
„Na endlich, ich warte schon eine Ewigkeit auf dich“, begrüßte sie ihn, während Angel ihr einen Kuss auf die Wange drückte.
„Wie du weißt, war ich bei einem Casting“, begann Cordelia gleich zu erzählen, „und ob du es glaubst oder nicht, ich habe die Hauptrolle bekommen, der Regisseur ist begeistert von mir. Aber das ist ja nicht weiter verwunderlich, schließlich bin ich eine sehr gute Schauspielerin, wie wir wissen. Jedenfalls, die Dreharbeiten beginnen in zwei Tagen und du wirst mich begleiten, weil die Filmcrew schon dort ist und ich nicht alleine fliegen will. Wesley meinte, das wäre sogar gut wegen irgendeines Auftrags“, endete sie etwas atemlos und nippte an ihren Drink, den Lorne ihr wortlos hingestellt hatte.
Perplex starre Angels sie an. „Das… das geht nicht. Ich… wir haben einen wichtigen Kunden, Wes und Lilah heiraten bald, wieso hat mir Wes mir verschwiegen, dass er bescheid weiß und überhaupt…“
„Die Beiden heiraten in drei Wochen und Wesley weiß bescheid, weil er die Flüge buchen musste, schließlich könnt ihr das als Dienstreise von der Steuer absetzten, wieso soll ich da meinen Flug zahlen. Sag einfach du hattest deine Sekretärin mit. Außerdem hat Wes alles so organisiert, dass du in kurzer zeit vor Ort sein kannst, wenn der Kunde direkt mit dir verhandeln will und ein paar Tage Urlaub werden dir auch gut tun, du hattest seit Jahren keinen, daher spar dir deine Ausreden, denn wir fliegen nach Tripolis und zwar morgen Abend für sechs Tage und sieben Nächte. Basta.“
~*~
Angel fluchte leise, als er die Gepäckstücke Cordelias vom Förderband nahm. Wieder war es ihr gelungen ihn zu überreden, obwohl es unter Umständen auch ihm, beziehungsweise seiner Firma, zu Gute kam in Tripolis zu sein, aber seine Begeisterung, mit Cordy zu reisen, hielt sich in Grenzen, denn meistens musste alles nach ihrem Kopf gehen und wie immer hatte sie wieder eine Menge Koffer und Taschen dabei und natürlich war weit und breit kein Gepäckträger zu sehen, was für Angel bedeutete, ihren und auch seinen Kram selbst zu schleppen. Er ärgerte sich, dass auch er den Hang besaß viel zu viel mitzunehmen, wenn sie eine Reise unternahmen, und hoffte, wenigstens ein Taxi aufzutreiben, dass sie ins Hotel brachte, als er den Transportwagen nach draußen schob.
Zum Glück schienen die Menschen dieses Landes freundlich und um Touristen bemüht zu sein, denn gleich mehrere Taxifahrer boten ihre Dienste an und im Nu war das Gepäck verstaut. Wenig später checkten sie im besten Hotel von Tripolis ein und wurden in ihre Suite geführt, die Cordelia genauestens inspizierte. Zufrieden mit den Räumen, schenkte sie ihrem Begleiter ein kleines Lächeln. „Ich nehme das Zimmer mit dem Balkon, die Aussicht auf das Mittelmeer ist einfach traumhaft und wenn ich Drehfrei habe, kann ich mich hier sonnen. Es macht dir doch nichts aus, Angel?“
Der Angesprochene nickte gottergeben und folgte dem Pagen, der auf Cordelias Anweisung hin die Koffer in Angels Zimmer trug. Kaum war der Bedienstete des Hotels, nachdem er ein ordentliches Trinkgeld kassiert hatte, verschwunden, ließ sich Angel aufatmend auf das breite Bett fallen und beschloss, die paar Tage einfach zu genießen.
Immerhin war Tripolis für seine Architektonischen Denkmäler bekannt und er wollte sich unbedingt den berühmten Marc Aurel-Bogen ansehen.
Cordelia stimmte überraschenderweise zu, als er sie fragte, ob sie ihn begleiten wolle und da sie bis zum Dinner noch Zeit hatten, schlenderten sie wenig später durch die beeindruckende Altstadt von Tripolis.
Als sie nach einigen Stunden ins Hotel zurückkehrten, wurden sie schon von dem Portier erwartet, der Angel mit den Worten „Mr. Liam, ein Mr. Pryce hat mehrmals angerufen und er wartet dringend Ihren Rückruf“ begrüßte.
Cordelia verdrehte die Augen und schimpfte. „Wir sind kaum ein paar Stunden da und Wesley nervt schon, kann er denn gar nichts alleine auf die Reihe kriegen? Das ist mein letzter Abend mit dir, denn morgen beginnen die Dreharbeiten und dann werde ich keine Zeit mehr für dich haben. Schließlich wollte ich mich bei dir erkenntlich zeigen, weil du mich begleitet hast, sonst wäre ich ehrlich gesagt mit dir auch nicht stundenlang durch diese alten Gemäuer gerannt.“
„Ich weiß dein Opfer zu würdigen“, lachte Angel aufgrund ihrer Aussage. „Geh dich schon mal umziehen, ich telefoniere inzwischen und wir treffen uns an der Bar, okay?“
„Na meinetwegen, aber beeil dich bitte“, entgegnete Cordy und begab sich zu den Liften, während Angel sich von einem Pagen zu den Telefonnischen führen ließ.
„Architekturbüro Liam, was kann ich für Sie tun?“ meldete sich die Sekretärin, nachdem die Verbindung hergestellt war.
„Harmony, geben Sie mir bitte Wesley“, wies Angel die junge Frau an, die ihn daraufhin sofort weiterverband und Wes sich mit „Pryce“ meldete.
„Angel hier, du hast versucht mich zu erreichen.“
Erleichtert atmete Wesley auf. „Gott sei dank, dass du dich meldest. Wie ich hörte, ist es in arabischen Ländern nicht immer möglich zu telefonieren und ich befürchtete, dich nicht zu erreichen. Mr. Giles, du weißt schon der Auftraggeber für die Ferienanlage in Gath, er hat deine Pläne schon bekommen, sie gefallen ihm soweit auch, sagte er, aber es wäre ein weiteres Anbot bei ihm eingegangen und nun will Giles dich und deinen Konkurrenten persönlich kennen lernen und dann entscheiden, wer den Auftrag bekommen soll. Angel, du weißt wie wichtig dieser Auftrag für unsere Firma ist und…“
„Schon gut Wes, damit haben wir ja eigentlich gerechnet“, unterbrach Angel seinen Freund beruhigend, da er die leichte Panik in Wesleys Stimme bemerkte. „Ich werde mein Möglichstes versuchen, damit wir den Zuschlag bekommen. Ich muss nur sehen wie ich nach Gath komme. Wie viel Zeit habe ich?“
„Mr. Giles hat soweit schon alles arrangiert, du müsstest um 9 Uhr am Flughafen sein, die Maschine, die dich zu ihm bringen wird, heißt Big Bad, du brauchst nur nach dem Flugzeug zu fragen, jeder kennt es, sagt Giles.“
Nicht wirklich erfreut von der unerwarteten Wendung seines Urlaubes, da Angel gehofft hatte sich Tripolis genauer ansehen zu können und eventuell auch ein paar Zeichnungen von den Kunstdenkmälern anzufertigen, beendete Angel das Gespräch und beschloss, nach oben in die Suite zu gehen und Cordelia zu informieren, was seiner Ansicht nach das Schwierigste des ganzen Unternehmens war, und seine Vermutung bestätigte sich auch sofort, als er ihr von dem Telefonat berichtete.
„Und was mache ich am Abend, wenn die Dreharbeiten vorbei sind? Wie du weißt, sind wir hier in einem arabischen Land, da kann eine Frau nicht so einfach ohne Begleitung ausgehen, zumindest nicht überall hin, und von der Filmcrew kenne ich so gut wie niemanden. Deswegen habe ich dich schließlich mitgenommen. Wie lange wirst du denn weg sein?“ motzte sie ihn an.
Langsam wurde Angel ärgerlich, nicht genug damit, dass Wesley ihn in die Wüste schickte, um sich von den Launen eines alten Geldsacks auf die Nerven gehen zu lassen, nein, nun setzte ihn auch noch Cordy unter Druck. „Soweit ich dich kenne, meine Liebe, hattest du noch niemals Schwierigkeiten jemanden kennen zu lernen, und außerdem bin ich in drei, höchstens vier Tagen zurück. Und nun lass uns essen gehen und die Dinge nehmen wie sie nun mal sind.“
Cordelia wusste, dass es jetzt besser war Angel nicht mehr zu reizen und begab sich in ihr Zimmer, um sich fertig zu machen.
Als sie wenig später den Speisesaal betraten und Cordelia die bewundernden Blicke der anwesenden Männer und die neidischen der Frauen auf sich, spürte hob sich ihre Stimmung sofort, was Angel lächelnd registrierte. Daher schlug er vor, nach dem Essen noch in die Hotelbar zu gehen, um den Abend nett ausklingen zu lassen.
Die Bar war schon gut besucht, doch einige der kleinen Tische waren noch frei und ein beflissener Kellner eilte herbei, um ihnen einen Platz anzubieten, als plötzlich jemand Angel auf die Schulter klopfte. Verwundert drehte Angel sich um und ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er den Mann erkannte. „Groo Peterson, was machst du denn hier?“
Lachend umarmten sich die beiden Männer bevor der Angesprochene antwortete: „Mir gehört der Laden hier, aber was führt dich hierher? Noch dazu mit so einer reizenden Begleiterin?“ fragte dieser, Cordy bewundernd musternd.
„Sie sind also der Besitzer dieses wunderbaren Hotels? Ich bin Cordelia und Angel begleitete mich ursprünglich zu Filmaufnahmen hier in dieser schönen Stadt. Doch morgen muss er leider beruflich in irgend so ein Wüstenkaff und lässt mich hier alleine zurück“, beantwortete Cordy Groos Frage und blickte betrübt drein.
Der Hotelbesitzer bemerkte daraufhin galant: „Dann würde ich mich während Angels Abwesenheit gerne als vorübergehender Adjutant anbieten, wenn ich darf und Angel nichts dagegen hat.“
„Hat er nicht“, antwortete Cordy sofort mit einem Seitenblick auf Angel, der zustimmend nickte.
Lachend und scherzend verbrachten die Drei einen wunderbaren Abend, Angel und Groo erzählten Anekdoten aus ihrer gemeinsamen College-Zeit, bis Angel darauf drängte den Abend zu beenden, da er noch packen und noch ein wenig schlafen wollte, um wenigstens halbwegs ausgeruht seine Reise anzutreten.
Groo bot sich an, seinen Freund auf den Flughafen zu bringen, was dieser dankend annahm und so verabschiedeten sie sich mit der zusätzlichen Option des Hotelbesitzers, sich während Angels Abwesenheit um Cordelia zu kümmern und sie zu den Film-Aufnahmen zu begleiten.
Am nächsten Morgen
„Kennst du diesen Giles? Was ist das für ein Typ? Es wäre hilfreich für mich, wenn ich ein paar Informationen hätte“, sagte Angel seinem Freund, während dieser seinen Wagen geschickt durch den turbulenten Verkehr von Tripolis lenkte.
„Allzu viel kann ich dir über ihn nicht sagen, nur das, was allgemein bekannt ist. Er ist Engländer und hat sich vor einigen Jahren in Gath niedergelassen, keiner kennt den Grund dafür.
Jedenfalls ist er ein tüchtiger Geschäftsmann und hat erkannt, dass der Tourismus in diesem Land einen großen Aufschwung erlebt, vor allem die Wüstenfahrten mit Autos und Motorrädern. Daher wahrscheinlich auch seine Pläne hinsichtlich der Bungalows an verschiedenen Knotenpunkten, um den Leuten etwas Komfort anzubieten, wenn sie eine, oder mehrere Wochen in der Wüste verbracht haben.
Giles hat sehr viel Land erworben und viele wundern sich wie ihm das als Engländer gelungen ist. Mehr weiß ich auch nicht“, beendete Groo seine Ausführungen und hielt zugleich auf dem Parkplatz vor dem Flughafengebäude.
„Dann werde ich mir halt selbst ein Bild machen müssen. Bitte achte mir auf Cordelia, ich müsste ja in ein paar Tagen zurück sein, dann kann ich dich über Giles informieren“, grinste Angel, stieg aus dem Wagen, hievte seine 2 Koffer und die Aktenmappe heraus und nickte Groo zu, bevor er das Flughafengebäude betrat.
Der junge Architekt begab sich zum Informationsschalter, um nach dem Flugzeug zu fragen, das ihn nach Gath bringen sollte. Der Steward grinste daraufhin, was Angel zwar verwunderte, aber er beachtete es nicht weiter und ging zu dem angewiesenen Ausgang. Dort stand eine größere silberne Maschine, an der ein Mann Gepäck einlud und Angel schritt darauf zu. „Ich nehme an, das ist die Big-Bad?“
Der Angesprochene drehte sich zu Angel und lachte. „Nein Sir, die „Big“ steht hinter diesem Vogel hier, am Besten Sie gehen dem Fluchen nach, das Sie deutlich hören können.“
Angel hob leicht erstaunt die Augenbrauen, nahm seine Koffer wieder auf, umrundete das silberne Flugzeug, blieb abrupt stehen, als er einen Blonden und einen dunkelhäutigen Mann an einem schwarzen Flieger, aus dem Öl auf die Erde tropfte, hantieren sah, wobei der Blonde laut vor sich hinfluchte. „Verdammter Vogel, wenn ich nicht so an dir hängen würde, hätte ich dich schon längst unter der nächsten Düne vergraben.“
„Engländer“, stellte Angel fest und trat kritisch näher, denn obwohl auf dem Rumpf der Maschine in großen Lettern „Big-Bad“ zu lesen war, fragte er die beiden Männer, welche in Mechanikeroverall mit dem Rücken zu Angel gewand an dem Flugzeug herumschraubten. „Ist das die Big-Bad, die mich nach Gath fliegen soll? Wer von Ihnen ist der Pilot?“
Die Beiden drehten sich um, ihre Augen maßen Angel kurz von oben bis untern, bevor er Blonde freundlich antwortete: „Hi, Sie müssten Mr. Liam sein und Sie haben es richtig erkannt, dieses Baby hier ist die „Big-Bad“. Ich bin Ihr Pilot, man nennt mich Spike und ich werde Sie nach Gath bringen.“